Zen-Bogyo-Do e.V.

Zen-Bogyo-Do e.V. Otterbach
Bundes­leistungs­zentrum Jiu Jitsu

Bushido – Der Weg des Kriegers

Facharbeit von Harald Westrich

Aufgabenstellung zum 3. Dan:

Welche Bedeutung hat der Ehrenkodex Bushido für Dich, für die Gemeinschaft der Danträger und für den Budosport allgemein.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Einleitung
  2. Bushido- Die Schriftzeichen
    2.1 Bushi – Der Krieger
    2.2 Religionen:
    2.2.1 Shinto
    2.2.2 Zen
    2.2.3 Konfuzianismus
    2.3 Do – Der Weg
  3. Bushido – Die Prinzipien
  4. Bushido – heute
  5. Bedeutung
    5.1 Bedeutung für den Budosport und für Jiu Jitsu
    5.2 Bedeutung für die Gemeinschaft der Danträger
    5.3 Bedeutung für mich persönlich
Bushido

1. Einleitung

Um die Frage zu beantworten, muß man versuchen den Begriff Bushido, der direkt übersetzt “Weg des Kriegers” bedeutet, in seiner ganzen Tiefe zu erklären und zu verstehen. Denn wenn man seine wahre Bedeutung erkennen kann, dann hat das Wissen um die inhaltliche Tiefe des Ehrenkodexes der Samurai die Frage von allein beantwortet.

2. Bushido – Die Schriftzeichen

Mit der Erklärung des Schriftzuges gewinnt man den ersten Eindruck von der Bedeutung des Bushido und kann Zusammenhänge erkennen. Es besteht aus drei Schriftzeichen:

Bu Bu

Dieses zeichen setzt sich aus 2 Symbolen zusammen. Der rechte größere Teil ist als Symbol einer Lanze zu verstehen und stellt den kriegerischen Gebrauch einer Waffe dar. Das linke untere Teil ist das Symbol für anhalten, stoppen. Der Begriff “Bu” steht für den umfassenden Bereich des Militärischen. Was dabei interessant ist, ist die Tatsache des Anhaltens.

Shi Shi

Das Symbol steht für den Begriff Mensch und zwar im ganz allgemeinen Sinn. Es beinhaltet keine nähere Beschreibung über seine Art, Funktion oder Wirkung. Beide Begriffe zusammengelesen ergeben den Begriff “Mensch des Militärs” und damit die Bedeutung Krieger.

Do Do

Das Schriftzeichen besteht wieder aus zwei Teilen. Der linke untere Teil bedeutet Laufen. Der rechte Teil ist das Symbol für Hals oder Kopf.  Die eigentliche Bedeutung des Begriffes Do spiegelt sich in der Aussage – mit dem Kopf in der Hand irgendwo hin laufen. Hier mit dem Sinnbild – Kopf in der Hand – ist kein kopfloses Herumirren gemeint, sondern ein verantwortungsbewußtes Beschreiten eines Weges.

Wenn wir die Bedeutungen der Symbole zusammenziehen, könnte man das Schriftzeichen Bushido folgendermaßen interpretieren: Lebensweg eines Menschen, der in seiner Funktion als Krieger sich seiner Selbst bewußt ist und verantwortlich handelt.

2.1 Bushi – Der Krieger

Im Jahre 645 n.Chr. brach am japanischen Königshof eine Rebellion los, die das Ziel hatte, Japan von der unglückseligen Willkürherrschaft seiner großen Adelsfamilien zu befreien. Der Staatsstreich gelang und eröffnete für das zerrissene Land ein neues Zeitalter, ein Zeitalter tiefgreifender Reformen, das die Japaner selbst “Taika” nennen – zu deutsch: die große Wende. Grundlage für die Taika-Reform war die neugeschaffene Kaiserwürde, die mit umfassenden Vollmachten ausgestattet wurde. Die wichtigsten Inhalte der Reformen bestanden in der Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden, in der Aufteilung des Staatsgebietes in Provinzen und Distrikte und in einer Steuerverpflichtung gegenüber dem Kaiser. Nach dem Staatsstreich von 645 nahm das japanische Kaiserreich rasch Gestalt an. In allen Provinzen entstanden neue Straßen, Dörfer und Städte und, auf Betreiben der Regierung, Klöster für buddhistische Mönche und Nonnen. Künste und Wissenschaften blühten auf.

Die Taika-Reform verfolgte das Ziel, Japan in einen straff organisierten Einheitsstaat umzuwandeln; in ein Staatswesen, in dem überall die gleichen Gesetze gelten und die gleichen Lebensverhältnisse herrschen sollten. Doch dieses hochgesteckte Ziel wurde niemals wirklich erreicht. Schuld daran war zum einen die Politik der kaiserlichen Regierung, die im Laufe der Zeit ihre Überzeugungskraft und Entschlossenheit einbüßte. Schuld daran war aber auch die Gestalt der japanischen Landschaft, die zu rund 75 Prozent aus Gebirgsketten besteht und die Lebensräume in einige große und viele kleine Landschaftsräume zerschneidet. Dadurch war der Zugriff auf viele Landesteile durch den Kaiser nur schwer möglich. Die Entsendung von Soldaten konnte unter Umständen Monate dauern.

Im Norden der Hauptinsel Honshu behaupten sich noch lange die kriegerischen Ezo, im Süden verteidigten alteingesessene Stämme ihre Heimat und an den Küsten wimmelte es von Piraten.
Kein Wunder also, daß die Befehlshaber und Adeligen in den Provinzen sich unter diesen schwierigen Lebensbedingungen nicht auf die kaiserlichen Truppen verlassen konnten, sondern selbst für Sicherheit und Ordnung sorgten. Sie taten das, in dem sie wehrhafte Männer um sich versammelten. Solche ortsansässigen Militärverbände nannte man Bushi-dan, ihre Mitglieder Bushi. Diese harten, waffenerprobten und todesmutigen Männer, die in der Obhut adeliger Grundherrn den “Weg des Kriegers” einschlugen, kann man als die ersten Samurai betrachten.

Die typischen Militärverbände in den Provinzen waren nach dem Vorbild japanischer Großfamilien organisiert. Deshalb bezeichnete man sie auch zu recht als Kriegerfamilien. Anfangs betrachtete die kaiserliche Regierung das Aufkommen der Kriegerfamilien jenseits der Berge mit Gelassenheit. Doch mit der Zeit nahm die Entwicklung immer bedrohlichere Formen an. Ursprünglich hatten zu einer Kriegerfamilie ein paar Dutzend Samurai gehört, jetzt aber schufen bedeutende Führerpersönlichkeiten imposante Großverbände. Die beiden Mächtigsten dieser Großfamilien waren die Taira und die Minamoto. Ihnen gelang es im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts, ganze Landstriche unter ihre Kontrolle zu bringen.

1159 kam es zu einem Entscheidungskampf zwischen den beiden Samuraiclans. Die Taira gewannen und richteten die Anführer der besagten Minamoto hin. Danach wurde die Regierung entmachtet. So gelangten die Samurai an die eigentliche Macht. Nachdem der Anführer der Taira 1181 starb, kam es wieder zum Krieg zwischen den Taira und den Minamoto. In diesem sogenannten Gempei-Krieg, der fünf Jahre dauerte, ging der Minamoto-Clan als Sieger hervor.

Minamoto

Minamoto Yoritomo gilt als der Begründer, der sich neu ergebenden Militärregierung, an dessen Spitze ein Diktator stand, der Shogun. Die beiden Begriffe – Shogun und Samurai – waren nun die Orientierungspunkte der japanischen Gesellschaft und die Samurai eine elitäre Übermacht. In der nachfolgenden Zeit kam es zu weiteren Kriegen zwischen den verschiedenen Samuraiclans.

Das Wort Samurai ist seit dieser Zeit in Gebrauch und bezeichnete jemanden, der dient. Dieses Dienen ist im militärischen Sinne zu verstehen. Um diesem Dienen genüge tun zu können, bedarf es eines elitären Wissens und den Gebrauch von Waffen im Kampf. Elitäre Ausbildung und das Dienen einem Herrscher sind wohl der Schlüssel zum Identifizieren des Ursprungs der Samurai. Bemerkenswert ist, daß in Europa im gleichen Zeitraum eine ähnliche Entwicklung stattfand. Während es in Japan die Samurai gab, entstand in Europa der Ritterstand mit einem ähnlichen Kodex.

Die japanischen Ritter, die Samurai, wurden geprägt durch die ständigen Kriege. Dies änderte sich erst mit Tokugawa (siehe Film Shogun: Tokugawa=Toranaga und Hideyoshi= Ishido) Als von der amtierenden Shogunfamilie der Anführer Hideyoshi 1598 starb, begehrte aus dem darauffolgenden Regentschaftsrat einer auf. Tokugawa hatte auf seine Stunde gewartet. Im Jahre 1600 vernichtete er in einer blutigen Schlacht, die an einer strategisch wichtigen Straßenkreuzung nahe der Stadt Sekihara stattfand, das letzte Aufgebot der Hideyoshi-Familie. Damit begann für Japan die Tokugawa-Zeit, eine Zeit, die dem Land 250 Jahre Frieden bescherte. Diese Zeit hatte entscheidenden Einfluß auf die Samurai und die Entwicklung des Bushido.

Um die Fähigkeiten der Samurai zu verstehen, ist es interessant wie ihre Erziehung von Kindesbeinen an in dieser Zeit erfolgte. Bereits ab einem Alter von vier Jahren werden den Kindern Samuraigeschichten aus dem Gempei-Krieg mit heldenhaften Taten und andere dramatische Geschichten von Kriegshelden erzählt, die glänzende Siege errungen hatten oder kaltblütig in den Tod gegangen waren. Solche Erzählungen weckten in dem Kind den glühenden Wusch, selbst einmal so zu werden. Frühzeitig begann die liebevolle, für unsere Begriffe aber strenge und harte Erziehung. So erwartete man von einem kleinen Samurai, daß er Schmerzen und anderes Ungemach klaglos ertrug. Kamen ihm einmal die Tränen wurde er von seiner Mutter energisch zurechtgewiesen. So mußte er sich auch an eine eiserne Disziplin gewöhnen. Man weckte ihn bereits in der Morgendämmerung, ließ ihn zuweilen in ungeheizten Zimmern spielen oder entzog ihm für geraume Zeit die Nahrung. Wenn er älter war, mußte er manchen Weg bei Wind und Wetter ohne Mantel zurücklegen und im Winter barfuß gehen. Später mußte er seine Angst bekämpfen, indem der die Nacht allein auf einem Friedhof oder Richtplatz, inmitten von Gehängten, Geköpften verbrachte.

Während man den Knaben so Selbstkontrolle, Härte und Furchtlosigkeit antrainierte, unterrichtete man ihn gleichzeitig im Gebrauch der Waffen. Erste Unterrichtsfächer waren Schwimmen, Reiten und Jiu Jitsu, die waffenlose Selbstverteidigung. Mit 15 Jahren war die Ausbildung beendet. Spätestens jetzt sollte der junge Mann so sein, wie ein echter Samurai: “Ruhig wie ein Wald, unbewegt wie der Berg, kalt wie der Nebel, schnell im Entschluß wie der Wind und im Angriff heftig wie das Feuer”.

2.2 Religion

Zu Beginn der Tokugawa-Periode gab es in Japan ungefähr 500.000 Samurai. Ihr Verhaltenskodex wurde von den Vorständen der verschiedenen Samurai-Schulen geformt und schöpfte gleichzeitig aus den geistig-religiösen Strömungen, von denen hauptsächlich jedoch der Shinto, das Zen und der Konfuzianismus zu nennen sind.

2.2.1 Shinto

Der Shinto beeinflußte die Samurai zur Reinheit des Geistes (Makoto), zum Pflichtbewußtsein (Giri) und zur Treue (Chugi) gegenüber dem Kaiser und Daimyo, obwohl im Falle von Auseinandersetzungen immer die Treue gegenüber dem Lehnsherrn den Ausschlag gab.

2.2.2 Zen

Das Erdulden des Unvermeidlichen, die Fähigkeit zur kraftvollen Konzentration in allen Handlungen sowie die ausgesprochene Ruhe in gefährlichen Situationen, auch angesichts des Todes, kommen aus dem Zen. Die Lehre des Zen und das Kriegertum waren wie füreinander geschaffen. Auch die Überwindung der Angst und die Bereitschaft, im Kampf zu sterben, sind auf die geistigen Philosophien des Zen zurückzuführen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Samurai das Leben verachteten. Die Zen-Philosophie lehrte im Gegenteil eine sehr intensiv lebensbejahende Haltung

2.2.3 Konfuzianismus

Aus dem konfuzianistischen Gedankengut übernahm der Samurai die Loyalität (Chu) gegenüber den Vorgesetzten, dem Clan und der Familie, das strikte Beachten der Sitten und Normen zur Verwirklichung einer rechtschaffenen Haltung (Gi) und das Bekenntnis zu den Tugenden Empfindsamkeit (Yin), Höflichkeit (Rei), Aufrichtigkeit (Shin), Weisheit (Chi) und Gerechtigkeit (Gi). Beeinflußt von den Ideen des Konfuzianismus, lebte der Samurai in ständiger Angst vor Entehrung, worauf “Seppuku”, der rituelle Selbstmord, zurückzuführen ist.

2.3 Do

Das dritte Zeichen ist das Symbol für Do. In der Übersetzung bedeutet Do Weg, Pfad, Grundsatz, Lehre, Philosophie, Richtung, etc.

Dieser Begriff stammt aus dem Zen-Buddhismus und hat daher auch eine tiefgründige Bedeutung, die ich mit einem Zitat näher bringen will: “Do ist ein Weg, in dessen Zentrum eine Übung, zumeist die Übung einer Form steht, deren Ziel jedoch nicht das Erlernen irgendeiner Fertigkeit, sondern das Erweitern des im Menschen liegenden Potentials ist, durch das er zu seiner Sinnbestimmung wachsen und sein Leben mit Bewußtsein und Erkenntnis erfüllen kann.”

Bei dem Prinzip von Do handelt es sich um nicht etwas ausschließlich Japanisches, sondern ein allgemein menschliches Anliegen. Überall auf der Welt beschäftigt sich der Mensch mit dem Sinn des Lebens, mit seinen Zusammenhängen, Ursachen und Wirkungen. Er sucht nach Möglichkeiten für sein inneres Wachstum. Denn ohne dieses bleibt er ein Wesen ohne Ethos und Geist. Er bliebe eine an seinem eigenen Egoismus gescheiterte Existenz. Viele scheitern daran, weil sie nicht erkennen, daß sie durch reines Nachahmen nicht das Ziel erreichen. Alle Wege zur Erlösung, die von den Vorbildern der Menschheit gelehrt und gegangen wurden, scheiterten in der Masse immer an unüberwundenem Egoismus, an der Habgier, an der Unfähigkeit zur Selbsterkenntnis.
Jeder wahre Weg führt zur persönlichen Freiheit, doch weder zu jener Freiheit, die Nachbeter von vorgefertigten Dogmen fordern, noch zur Befreiung von allen Konventionellen, wie es unreife Menschen wollen, sondern zur inneren Freiheit.

Wege gibt es viele und sie haben alle das gleiche Ziel. Sie lehren den Schüler (Deshi) seine eigenen inneren Zusammenhänge (Shisei) von einem neutralen Standpunkt aus (ohne Beteiligung des Ich) zu verstehen und sich selbst durch Übung (Geiko) zu vervollkommnen. Jeder einzelne dieser Wege hat seine eigene Technik (Waza) entwickelt und hält den Menschen dazu an, seinen Geist und seine eigene vitale Kraft (Ki) in der Übung zu entwickeln.

Nachdem man die geschichtliche Entwicklung und die Einflußfaktoren durch Religion und Gesellschaft kennt, kann man langsam die Tiefe des Bushido begreifen.

3. Bushido – Die Prinzipien

Um den Ehrenkodex und dessen Entstehung zu verstehen, muß man noch einmal einen Blick in die japanische Geschichte werfen. In der Tokugawa-Zeit, also nach der letzten großen Schlacht, der Schlacht bei Sekihara, hatte die großen Kriege ihr Ende. Die zwei großen Heere, die aufeinander geprallt waren, waren nach dem Gemetzel bedeutend kleiner und ohne Aufgabe. Der ganze Samurai-Stand innerhalb der japanischen Gesellschaft war ohne Aufgabe. Jetzt stellt sich die Frage, was mit den kampferprobten und stolzen Samurai geschah.

Aufgrund ihres Standes konnten sie eigentlich nicht zu einer anderen Kaste gehen. Sie konnten weder Bauern noch Handwerker oder gar Kaufleute werden. Es war für sie eine Frage der Ehre. Trotz dieser Tatsache wechselten viele Samurai in die anderen Stände unter Verlust ihrer Ehre. In dieser Zeit stieg die Zahl der Ronin, der herrenlosen Samurai gewaltig an. Es waren Menschen voller Stolz und Ehrgefühl, aber mit leerem Magen. In den immer weniger werdenden Schwertschulen wurde nach wie vor der Schwertkampf unterrichtet. Nur gegen wen sollte er eingesetzt werden. Es gab keine Feinde mehr. Aus diesem Grund suchten die Samurai sich einen neuen Feind und sie fanden ihn in sich selbst.

Verzagtheit, Nachlässigkeit, Üben ohne Konzentration, das sind die neuen Feinde. Durch die Religionen beeinflußt, übten sie sich in Meditation und stellten fest wie schwer es ist, keine Gedanken mehr zu haben, auch nicht den Gedanken, daß man keine Gedanken mehr haben soll. Der Kampf gegen das Ich stellte nun eine neue Herausforderung dar. In dieser Zeit begann sich der Bushido als verbindlicher Ehrenkodex herauszukristallisieren. Er ging aus einem nur mündlich überlieferten älteren Ehrenkodex, dem Kyuba-mo-Michi (Weg des Bogens und des Pferdes) hervor. Aus den bisher tödlichen Kriegskünsten entwickelte sich allmählich der Weg des Kriegers (Budo) als lebenserhaltende Kunst. In einem neuzeitlichen Versuch, das Bushido in seiner ungeheuren Vielfalt zu einem verständlichen System zusammenzufügen, gipfelt der Bushido-Kodex in fünf Hauptforderungen, in denen mehrere Moralbegriffe enthalten sind.

  1. Treue (Chugi)
    Treue gegenüber dem Herrscher und Liebe zur Heimat
    Achtung vor den Eltern und Brüdern
    Fleiß
  2. Höflichkeit (Reigi)
    Ehrerbietung und Liebe
    Bescheidenheit
    korrekte Etikette
  3. Mannhaftigkeit
    Tapferkeit
    Härte und Kaltblütigkeit
    Geduld und Ausdauer
    Schlagfertigkeit
  4. Wahrheitsliebe (Makoto)
    Offenheit und Aufrichtigkeit
    Ehrgefühl
    Gerechtigkeit
  5. Einfachheit
    Einfachheit
    Reinheit

Es gab verschiedene Versuche den Bushido darzustellen und zusammenzufassen. Je nach Schule wurden auch unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt bzw. weitere Aspekte hervorgehoben als die oben genannten. So gab es noch: Chi (Weisheit), Jin (universelle Liebe), Yu (Mut), Giri (Pflichtbewußtsein), Chugi (Loyalität), Shiki (Entschlossenheit), Ninyo (Menschlichkeit). Was sich jedoch durch alle Schulen hindurchzogen, waren Giri, ein ehernes Pflichtbewußtsein, Chugi, eine unbegrenzte Treue gegenüber dem Lehnsherrn und Entryo, die Todesverachtung.

4. Bushido – heute

Für uns ist es schwierig, die wahren Inhalte des Bushido zu verstehen. Ein mittelalterlicher Kriegerstand (Samurai) wurde zum lebenden Ideal eines ganzen Volkes und hat durch seinen Ehrbegriff, durch die Rücksichtslosigkeit gegenüber sich selbst und durch eine unglaubliche Selbstdisziplin die gesamte gesellschaftliche, kulturelle und politische Haltung Japans beeinflußt. Der Geist des Bushido lebt noch heute in Japan fort, und manche sagen, er sei stärker denn je.

In vielen Verhaltensweisen der Japaner kann man noch die Auswirkungen des Bushido erkennen. Ein Japaner würde niemals seinen gesamten Jahresurlaub nehmen und in seiner Firma fehlen. Er fühlt sich der Firma wie einem Lehnsherrn gegenüber verpflichtet und nimmt max. 10 Tage Urlaub im Jahr (Giri, Chugi). Ein Japaner wird auch nie seinen Unmut über ein Ereignis offen zeigen, sondern immer hinter einer versteinerten Miene verbergen (Reigi).

5. Bedeutungen

5.1 Bedeutung für den Budosport und fürs Jiu Jitsu

Jiu Jitsu wurde von den Samurai als waffenlose Selbstverteidigung erlernt, um auch ohne Schwert wehrhaft zu sein. Der Ehrenkodex erstreckte prägte das Jiu Jitsu hierdurch entscheidend mit. Doch was geschah mit Jiu Jitsu in der westlichen Welt. Dort sah und trainierte man bis heute meist nur die Technik. Die Geisteshaltung, die Seele des Bushido, wird vernachlässigt. Der Begriff “Do” wird auch heute noch in den meisten Varianten des Budo gebraucht, doch in Wirklichkeit ist man weit von jenem Weg entfernt, den die traditionellen Kampfkünste lehrten. Die modernen Kampfkünste, auch das Jiu Jitsu in Deutschland, sind heute vielmehr in Gefahr, jeden erzieherischen Wert und geistigen Inhalt zu verlieren. In der heutigen Kampfkunstszene fehlt es an der rechten Gesinnung und oft genug ist eine solche abschreckend genug, um all jene, die auf der Suche nach Geist und Sinn sind, von einer näheren Beschäftigung abzuhalten.

Betrachtet man Kickboxen, eine Primitivform des Karate, so geht es nur noch um ein Draufschlagen und ein Dominieren über einen Gegner. Doch auch Judo ist teilweise zu einem reinen Wettkampfsport verkommen, bei dem er nur noch auf die Technik ankommt, wie man am schnellsten gewinnt. Auch Jiu Jitsu steht in der Gefahr nur den Aspekt der effektiven reinen Selbstverteidigung zu sehen und die Grundsätze des Bushido zu vergessen, Der Bushido ist aber ein wichtiger Bestandteil des Jiu Jitsu. Wird er nicht beachtet, wird der Schüler auch nicht die ethischen Normen erlernen und verstehen, um richtig mit einer Kampfkunst umzugehen. Dies kann zu Übermut und Arroganz führen, wo Bescheidenheit gefragt ist, zu übertriebener Härte, wo Menschlichkeit gefragt wird, zu Angst, wo Mut benötigt wird.

Bushido und Jiu Jitsu sind Geist und Körper, das eine kann ohne das andere nicht richtig leben und sich entfalten.

5.2 Bedeutung für die Gemeinschaft der Danträger

Der Gemeinschaft der Danträger ist die Aufgabe übertragen im Sinne des Bushido zu handeln und die Schüler zu trainieren. Dies haben alle, zumindest im Deutschen Jiu Jitsu Bund, mit einem Eid geschworen. Dieser ist nicht nur Form, sondern eine Verpflichtung, ihn vorzuleben und umzusetzen. Jeder Danträger und Trainer wird hiermit in die Pflicht genommen, nicht nur seinen Schülern Techniken zu vermitteln, sondern auch die Werte des Bushido zu lehren. Doch das beginnt bei ihm selbst. Der Trainer kann dies nur glaubhaft vermitteln, wenn er selbst versucht danach zu leben und zu handeln. Ansonsten wird er unglaubwürdig und der Bushido wird zur Farce.

Ein wichtiger Punkt des Bushido ist Loyalität und Treue. Dies bedeutet, daß innerhalb der Gemeinschaft der Danträger Toleranz, Vertrauen und Ehrlichkeit herrschen sollte mit enger Anbindung zum eigenen Trainer bzw. Bundestrainer. Es bedeutet nicht, daß man kritiklos sein soll. Dies wäre eine andere Form von Illoyalität. Sondern es geht darum, daß man sich gegenseitig berät, unterstützt und sich auf dem rechten Pfad hält.

Dies sind Ideale, die einem den Weg weisen. Nur mit ihnen kann man selbst wachsen und innere Zufriedenheit und letztlich Perfektion erreichen.

5.3 Bushido für mich

Als Danträger ist man Trainer und Schüler zugleich. Man steht in einem ständigen Prozeß des Lehrens und Lernens. Als Trainer und Schüler benötigt man eine Richtschnur, insbesondere dann, wenn man nicht ständig im Kontakt mit dem eigenen Trainer steht. Bushido, der alte japanische Ehrenkodex der Samurai, der die elementaren geistigen Grundwerte für die Ausübung einer Kampfkunst enthält, ist eine solche Richtschnur. An ihm kann man sich orientieren und sein eigenes Training danach richten. Bushido ist ein Vorbild, ein Ideal und gleichzeitig eine Verpflichtung. Oft unbewußt aber auch bewußt findet ein Abgleich statt, ob das was man gerade macht auch im Einklang mit dem Bushido ist. Oft bemerkt man an sich selbst die vielen kleinen Unzulänglichkeiten im Alltag. Der Ehrenkodex bietet durch seine Werte immer die Möglichkeit sich selbst an die Nase zu packen, sich seiner Unzulänglichkeiten bewußt zu werden, um dann entsprechend gegenzusteuern.

Der Bushido stellt damit auch das Bindeglied zu der Gemeinschaft der Danträger und dem Budo allgemein dar. Denn er ist der Weg und das Ziel zugleich, das alle verfolgen bzw. verfolgen sollten. Es schafft dadurch eine innere Bindung, die einen ständig motiviert sich für die Gemeinschaft zu engagieren und auch in ihrem Sinne zu handeln.

Durch Bushido werde ich aufgerufen, die eigenen inneren Unebenheiten mit derselben Kraft zu begegnen, wie es im körperlichen Training erlernt wird, äußere Schwierigkeiten zu überwinden.
In allen Situationen wird daher der Eid der KID das Handeln beeinflussen.

Bushido
Ich komme mit leeren Händen im Geiste der Samurai
Voll Achtung vor der Schwäche und frei von Angst vor der Stärke.
Sollte ich gezwungen sein, mich selbst, meine Grundsätze oder meine
Ehre zu verteidigen – sollte es um Recht oder unrecht gehen -,
dann ist dies meine Waffe.
Jiu Jitsu

Copyright Harald Westrich

Quellennachweis:

Die Samurai – Ritter des Fernen Ostens von Richard Storry und Werner Forman Atlantis Verlag
Budo – Der geistige Weg der Kampfkünste von Werner Lind, O.W. Barth Verlag
Zen in den Kampfkünsten Japans von Taisen Deshimaru-Roshi, Knaur-Verlag
Bushido, Vortrag von Werner Schmidt vom 20.01.96