Zen in den Kampfkünsten
Zen nimmt in den Künsten eine hervorragende Stellung ein. Einige Künstler erfuhren durch Zen eine tiefgreifende Wandlung, um nicht zu sagen Erneuerung – wie die Malerei, die Kalligraphie und die Kampfkünste Japans.
Der Geist des Zen war es, der die brutalen Kriegstechniken in Künste verwandelte, die sich nun gar nicht mehr um kämpferische Effektivität, um so mehr dagegen um die Suche nach dem eigenen Selbst bemühten. All diese Techniken wurden so zu Methoden geistiger Vervollkommnung. Schwert, Bogen und Pfeil waren nicht länger Mordinstrumente, sondern Hilfsmittel für die Meditation.
Der Kampf wurde ein geistiger, der Feind fand sich nun in einem selbst, in den Illusionen, den Verblendungen des Ich, die uns daran hindern, unser wahres Wesen zu entdecken. Daher müssen wir Sie gnadenlos zerstören. Unter diesem Einfluß entstand das Bushido, das ist die enge Verbindung der moralischen Prinzipien, des Ehrenkodex und der ritterlichen Tugenden, welche die Ausbildung und Pflege hoher körperlicher und seelischer Eigenschaften zum Inhalt haben:
Mut, Einfachheit und Genügsamkeit, Loyalität und Gerechtigkeit, Interesselosigkeit und Todesverachtung.
Welche Kampfkunst wir auch ausüben und auf welche Weise, entsprechend unserem Temperament, wir diese auch praktizieren, es wird mit Sicherheit der Tag kommen, an dem man mit Zen in Berührung kommen und von seinem Wesen tiefgreifend beeinflußt wird. Es kann uns in diesem Kampf um jeden Augenblick , der unser Leben ist, helfen, und besser als jeder andere geistige Einfluß gibt es uns die Möglichkeit, jenes geistige seelische Gleichgewicht zu finden, welches der Mensch des 20. Jahrhunderts so sehr ersehnt.
Jemand sah eines Tages am Rand einer Klippe zum ersten Mal in seinem Leben das Meer. – Wie schön es ist! Welch großartiger Anblick! -, sagte er fast atemlos. -und dabei -, sagte sein Freund, -siehst Du doch nur die Oberfläche!-
Zen lehrt, nicht nur die Oberfläche des Meeres zu sehen, nicht nur das Äußere der Welt, nicht nur die Hülle des Menschen, nicht nur die bloßen Techniken der Kampfkünste. Zen lehrt den wahren Sinn der Kampfkünste und den wahren Sinn des Lebens zu verstehen.
Zen bedeutet die Anstrengung desjenigen, der Zazen, die Versenkung, praktiziert. Eine Anstrengung, um den Bereich des Denkens ohne Unterscheidung des Bewußtseins jenseits aller Kategorien einschließlich aller sprachlichen Ausdrucksformen zu erreichen. Durch Zazen und die Praxis des Bushido kann man diese Dimension erreichen.
Die Sieben Prinzipien
Bushido, der Weg des Samurai, entstand durch die Vereinigung des Buddhismus und des Shintoismus. Dieser Weg läßt sich in sieben wesentlichen Punkten zusammenfassen:
- Gi: die rechte Entscheidung aus der Ruhe des Geistes, die rechte Haltung, die Wahrheit. Wenn wir sterben müssen, müssen wir sterben.
- Yu: Tapferkeit und Heldentum
- Jin: die universale Liebe, das Wohlwollen gegenüber der Menschheit.
- Rei: das rechte Verhalten – ein ganz grundlegender Punkt.
- Makoto: vollkommene Aufrichtigkeit.
- Meiyo: Ehre und Ruhm.
- Chugi: Hingabe und Loyalität
Dies sind die Sieben Prinzipien des Bushido-Geistes.
Bu ist die Kunst des Kämpfens, shi der Krieger, do der Weg. Der Weg des Samurai ist kategorisch und absolut. Die körperliche Übung über den Weg des Unbewußten ist ihm wesentlich. Daher wird der Anerziehung des rechten Verhaltens auch solch große Bedeutung beigemessen.
Bushido und Buddhismus haben sich gegenseitig beeinflußt, wobei der Buddhismus den Bushido in fünf Aspekten ganz besonders geprägt hat:
- die Besänftigung der Gefühle
- ruhiger Gehorsam gegenüber dem Unvermeidlichen
- Selbstbeherrschung gegenüber jedwedem Ereignis
- tiefere Vertrautheit mit dem Gedanken des Todes als mit dem des Lebens
- reine Armut
Vor dem Zweiten Weltkrieg hielt ein Zenmeister Vorträge vor den größten Meistern der Kampfkünste, also den höchsten Autoritäten des Budo: Hier in Europa verwechseln wir leicht die Kampfkünste mit der Kunst der Kriegführung, in Japan versteht man darunter den WEG. Im Westen hingegen wurden diese Kampfkünste zu einer Mode, einem Sport, einer bloßen Technik ohne den Geist des WEGES. Die Europäer wollen schnell lernen, manche sogar möglichst an einem einzigen Tag. Ich war einmal dort, sagen sie, und nun habe ich es verstanden. Doch das Dojo ist etwas anderes als eine Universität.